Mutti hat viele Aufgaben

Der CoronaVirus-Care Gap im Schulbuch

Hat denn wirklich noch jemand Zweifel, dass enge Rollenbilder und die mangelnde Wertschätzung privater Care-Arbeit ein strukturelles Problem sind? Dass es einen Zusammenhang gibt zwischen #coronaeltern, #elterninderkrise, #EqualCare und #RosaHellblauFalle? Und dass das durchschnittlich geringere Einkommen von Frauen nicht in die private Verantwortung gewischt werden kann mit „Ist doch die Entscheidung des Paares, wenn sie Teilzeit arbeitet!“

Kinder, Küche, Kloputz ist Frauensache – sind wir doch mal ehrlich!

Wem hier ein „Aber heute sind wir doch längst weiter!“ auf der Zunge liegt, der hält jetzt bitte erstmal die Luft an und wirft einen Blick in die Arbeitsmaterialien, mit denen Kinder zur Zeit im HomeSchooling versorgt werden – den Eltern, überwiegend Müttern, zur Freude, die mal eben trotz HomeOffice und geschlossenen Kitas noch die Rolle der Deutsch-Mathe-durchdieBank-Lehrerin, Erzieherin, Köchin, Putzhilfe, Psychologin, personal Trainer und Motivations Coach übernehmen – ohne Unterstützung, ohne jeden finanziellen Ausgleich versteht sich.

Damit das schön so bleibt, und Kinder früh lernen, was Muttis Jobs sind, wurde das nämlich wieder in den Lehrplan aufgenommen bzw. es war offenbar noch nie gestrichen worden:

Sorgearbeit und Care werden samt MentalLoad Frauen zugeschrieben, ganz egal ob sie erwerbstätig sind oder nicht. Finanziellen Ausgleich braucht es für diese Arbeit keinen, denn sie kommt ja von Herzen, und wer käme überhaupt auf die Idee, die Zeit mit den lieben Kleinen als Arbeit zu bezeichnen! Natürlich haben auch viele Politiker*innen diese Zuschreibung und geringe Wertschätzung verinnerlicht, sonst wären Kinder in der ersten Phase der Pandemie-Maßnahmen nicht komplett unter den Tisch gefallen und „das bisschen Haushalt“ ohne weiteres Konzept Müttern samt HomeOffice wortlos überlassen worden.

Und solange obendrein Lehrkräfte solche Aufgaben im Unterricht einsetzen und kopieren, anstatt sie in die Tonne zu kloppen, müssen wir uns nicht wundern, warum Geschlechterrollen eng bleiben und die Geschlechterhierarchie zur Zeit so offensichtlich wird.

Aber, halt! Edit:

„Wenn das Ausgangsmaterial schon einlädt, in die Falle zu tappen, dann sind Lehrkräfte, die am Ende der Kette stehen, vielleicht nicht die, die als erstes kritisiert werden sollten. Unser Appell geht deshalb vor allem an Schulbuchverlage und mehr noch an die Bildungsministerien der Länder, die ‚Rollenbilder diskutieren‘ zwar in die Lehrpläne schreiben, sich dann aber nicht mehr um die Umsetzung und um klischeefreies Material kümmern.“

Goldener Zaunpfahl

Einladung auf die Seiten unseres Projekts ‚Goldener Zaunpfahl‘

Thx @EbrahimiNava

2 Gedanken zu „Mutti hat viele Aufgaben“

  1. Geht gar nicht, aber vielleicht sollte die Schuld zur Abwechslung nicht wieder komplett bei den Lehrern gesucht , sondern auch bei den Verlagen und den Prüfstellen, die solche Lehr- und Lernmaterialen zu Verfügung stellen und für den Unterricht freigeben!
    Nichts desto trotz sollte eine Lehrkraft das Material vor der Verwendung immer einem kritischen Blick unterziehen oder am besten direkt im Unterricht problematisieren.

    1. Zustimmung! Wobei wir ja keine Schuld-Frage stellen. Ich denke, dass die Verantwortung bei allen Erwachsenen liegt: je größer der Einflussbereich, umso mehr.

      PS: Einladung auf die Seiten unserer Initiative ‚Goldener Zaunpfahl‘, die dieses Jahr die Sonderkategorie ‚Schule + Lehrmaterialien‚ dazubekommen hat.

      viele Grüße von Almut

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