Über den unbereinigten und bereinigten PayGap
Diese Formulierung „unbereinigt“, mit der die 21% Lohnlücke in Frage gestellt wird, hat mich schon immer irgendwie irritiert. Die Scheinargumente dazu in den Kommentarspalten sind ja wiederKEHREND (#SCNR ;)
„Frauen wählen eben die falschen Berufe“
Ja, nämlich häufig Berufe aus dem Care-Sektor (und der Kehr-Sektor gehört durchaus auch dazu), in dem die Honorare im Verhältnis zu seiner Systemrelevanz niedrig sind. Und noch ein Argument, mit dem das Problem des PayGap gern als individuelle Entscheidung weggewischt und die Zahl kleingeredet wird:
„Frauen arbeiten nehmen mehr Auszeiten und arbeiten in Teilzeit“
Ja, warum bloß? Meistens, um CareArbeit zu übernehmen: Kindererziehung, Familienarbeit, sich Kümmern um pflegebedürftige Angehörige. Entscheiden sich Männer für eine Teilzeitstelle, ist der häufigste Grund eine Aus- oder Weiterbildung oder weil sie keine Vollzeitstelle finden. (Gründe für Teilzeiterwerbstätigkeit: Demografieportal.de)
Care-Arbeit ist unverzichtbar – dass sie im Privaten trotzdem unbezahlt ist bzw sich im Lauf einer Erwerbsbiografie als Strafe herausstellt, macht das Problem des PayGap erst so richtig deutlich. Die Entscheidung für Care-Arbeit verringert das Einkommen, die Rente, das Gesamtvermögen (dabei ist ja egal, wer sie übernimmt, die negativen Folgen kümmert das Geschlecht nicht, aber Care ist nun mal überwiegend weiblich konnotiert). Deshalb zu argumentieren, der „richtige“ PayGap läge eigentlich bei 8% oder weniger, ignoriert den ganzen Missstand, die ganze wirtschaftliche Fehlkalkulation.
Natürlich ergibt es aus statistischer Sicht Sinn, auch mal nur die nackten Honorare zu vergleichen, aber es gibt doch kaum eine Diskussion, die davon ausgehend nicht nach Schuldigen sucht und direkt bei den Frauen landet:
Teilzeit? Selbst Schuld! Schwanger werden können? Tja, Pech gehabt, dass sich daraus finanzielle Nachteile ergeben. Es wollen ja auch nur Frauen Kinder haben, warum sollten dann Väter finanziell benachteiligt werden… waitaminute!
Seine Mutter ist krank, deshalb tritt die Partnerin beruflich zurück und kümmert sich um ihre Schwiegermutter? Die Folge, die wir allseits in Kauf nehmen: weniger Honorar, schlechtere Karrierechancen.
Der dreckige PayGap
Von den tatsächlichen 21% Lohnunterschied kommt man also nur dann auf eine niedrigere Zahl, auf einen kleineren PayGap, wenn man die ganze unbezahlte CareArbeit rausrechnet. Wenn man Care-Arbeit unter den Teppich kehrt, so tut, als spiele sie tatsächlich keine Rolle beim Vergleich von Honoraren. Deshalb wird sie übrigens auch „unsichtbare Arbeit“ genannt, und es wird Zeit, dass sie endlich sichtbar wird. Nicht nur dann, wenn schlecht geputzt wurde!
Von „bereinigt“ kann also gar keine Rede sein, ganz im Gegenteil, es stinkt an allen Ecken! Der sogenannte bereinigte PayGap ist im Grunde der dreckige! Und der sogenannte „unbereinigte“ wäre dann nämlich der, in dem sich das ganze Drecksproblem deutlich in Zahlen ausdrückt.
Wenn also schon mit diesen Begriffen hantieren, dann doch wenigstens richtig herum, oder?
