Boys will be Boys…

Mich beschäftigt eine Diskussion in der Facebook-Gruppe „Boys R …“ um einen Artikel, in dem der Autor sich beklagt, Jungen würden verweichlicht, verweiblicht und nicht mehr geliebt, wenn sie raufen und brüllen.

boyswillbeboysLeena May Peters hat darin ein Zitat von Jackson Katz gepostet, das ich hier nochmal festhalten möchte:

„The argument that >boys will be boys< actually carries the profoundly anti-male implication that we should expect bad behavior from boys and men. The assumption is that they are somehow not capable of acting approprately, or treating girls and women with respect“

Es irritiert mich nach wie vor, wenn Menschen Verhaltenweisen einem Geschlecht zuordnen und nicht der Person selbst. Wer das bei sich selbst tut, entschuldigt damit meist sein eigenes Verhalten, schiebt die Verantwortung von sich, wer es bei anderen tut, ja … dieselbe Motivation wahrscheinlich. Verständlich, nachvollziehbar und je nach Siuation vielleicht sogar wirklich gut gemeint, aber das Schubladendenken, das dahintersteckt und mit jedem neuen Kommentar dieser Art auch weitergegeben wird, stört mich sehr.

Zitat aus der "Rosa-Hellblau-Falle"

Zitat aus der „Rosa-Hellblau-Falle“

Die folgenden Zeilen von Antje Schrupp hier mal als Ergänzung zur Diskussion um die „Boys will be Boys“-Haltung:

„Wir müssen darüber diskutieren, ob wir das, was Frauen oder Männer tun, gut oder schlecht finden. Und zu wissen, ob dieses Verhalten nun angeboren, anerzogen oder (eine Möglichkeit, die oft vergessen wird) selbst ausgedacht ist, hilft […] nicht bei der Entscheidung darüber, wie man es bewertet, ob man zu dem Schluss kommt, es zu fördern oder möglichst zu unterbinden.“

Gerne werden Bemerkung im Stil von „So sind sie eben“ in Situationen geäußert, in denen Erwachsene andere (oder das eigene Kind) bei etwas beobachten, bei dem sie ein ungutes Gefühl haben, nicht wirklich einverstanden sind, sich aber hilflos fühlen:
– Der Sohn kippt wiederholt einem anderen Kind eine Schaufel Sand in den Kragen.
– Die Vierzehnjährige kommt zu spät, weil sie zu viel Zeit im Badezimmer verbracht hat.
– Der Beamer funktioniert nicht, die Vortragende findet die Ursache nicht, der Kollege weiß die Lösung.
– In gemütlicher Runde unter Freunden macht jemand eine sexistische Bemerkung und will auch noch Lacher dafür.

Zwischen den Zeilen ist der Kommentar „So sind sie eben“ doch der Hinweis auf etwas, das sich angeblich nicht ändern lässt. Es ist der Versuch einer Entschuldigung, denn er/sie kann ja angeblich nicht anders. Und nicht selten verlieren sich dann Diskussionen im Irrgarten der Argumente rund um Testosteron, Steinzeit und Laienwissen über Studien aus Neurologie, Archäologie, Genetik … „So sind sie eben“ ist eine Haltung, die zur Passivität einlädt: sich zurücklehnen, zuschauen, Schultern zucken, Pech gehabt, Schicksal, finde dich damit ab …
Wie viel hilfreicher wäre es, anstatt nach Ursachen für das vielleicht Ärgerliche, aber leider Unabänderliche zu forschen, stattdessen nach vorn zu schauen und zu überlegen: wohin wollen wir eigentlich, welche Veränderung wünschen wir uns, in welcher Welt wollen wir leben? Denn dann könnte sich ganz unerwartet doch noch eine Lösung ergeben. Mit dieser Haltung, die Verändung als Möglichkeit sieht, erscheint es plötzlich doch sinnvoll, dazwischen zu gehen, wenn ein Junge einen anderen angreift und mit „Du Mädchen“ beleidigen möchte, sich zu wehren gegen „Pfff …Frauen und Technik“-Sprüche.

Im Gespräch mit dem Schauspieler Waldemar Kobus (für eine Radiosendung, die im Dezember 14 ausgestrahlt wird) haben wir uns über das Bedürfnis unterhalten, die Welt einzuteilen in schwarz und weiß, links und rechts. Die Kategorisierungen, die wir dabei vornehmen, sollten wir dringend auf ihrem Nutzen hin hinterfragen:

„Diese ganze Unterscheidung zwischen […] männlich / weiblich, das ist so ein Quatsch! Wenn man ’s wirklich darauf reduziert: Wer arbeit produktiv mit und wer zerstört mehr, als dass er positiv bewirkt? Wer verbreitet mehr Angst und Schrecken, als dass er an einer Gesellschaftsstuktur positiv mitarbeitet? Wer wirtschaftet in die eigene Tasche, statt mit der Allgemeinheit zu arbeiten?  Da müsste die Unterscheidung liegen!“ – Waldemar Kobus