Schnauze voll von Rosa? – Suli Puschban

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Interview mit Suli Puschban

Mit dem Refrain von „Ich hab die Schnauze voll von rosa“ laufen unsere Kinder schon eine ganze Weile durch die Gegend, der Ohrwurm wird immer mal wieder aktualisiert, und es genügt, dass eins das Wort „Schnauze“ in den Mund nimmt, garantiert greift es das nächste auf und schon schreien wieder alle drei im Chor durchs Haus: „Ich mach jetzt was ich will!“. Und weil der Text so gut zu unserem Anliegen rund um Rollenklischees und zur rosa-Hellblau-Falle passt, haben wir Suli ein paar Fragen dazu gestellt.

Suli Puschban ist…

…“Wienerin in Berlin, Liedermacherin, Kinderliedermacherin und Kabarettistin, sie schreibt und performt ihre Lieder, spielt solo und mit ihrer ‚Kapelle der guten Hoffnung‘, liebt die Berge, verehrt das Meer, ist Poetin, Feministin und feinsinnig rockenende Rotzgöre.“

Gab es einen konkreten Anlass für den Songtext?

>> Angesichts des derzeitigen Rollbacks, dass die Geschlechterrollen wieder vermehrt in rosa und hellblau und allem, was sonst noch dazu gehört, zementiert werden und der Tatsache, dass Lilifee und andere Figuren von Merchandise-Imperien flankiert werden, unter denen Eltern stöhnend leiden, musste ich irgendwann einfach mal einen Anti-rosa-Songschreiben. Der erhobene Zeigefinger interessiert mich nun herzlich wenig, und es geht mir auch nicht um die Farbe, sondern die Haltung dahinter. Mädchen und Frauen müssen sich nicht den stereotypen Bildern beugen, sondern können sein und werden, was sie wollen: Astronautinnen, Musikerinnen, Wissenschaftlerinnen. Der Song enthält also auch noch etwas Kapitalismuskritik als Subtext. Wenn man bedenkt, was Frauen teilweise an Geld ausgeben (müssen), um den vermeintlichen Anforderungen der Rolle als Frau gerecht zu werden!

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Wieso hast Du die Schnauze voll von rosa?

>> Vielleicht sollte ich vorweg sagen, dasss Mädchen und Frauen, die ROSA heißen, sich bitte nicht auf den Schlips getreten fühlen sollen. Manche schreiben ‚rosa‘ im Song auch vorne mit Großbuchstaben, was die Vermutung nahe legt, dass es sich um einen Namen handeln könnte. Aber nein, es ist die Farbe! Und dieses ‚rosa‘ steht für Einschränkung: Frauen, die auf hohen Schuhen balancieren, zugekleistert mit Make-Up, eingelullt in der heteronormativen Überzeugung, dass der sie rettende Prinz bestimmt auftauchen wird, rufen sie mit hoher Stimme: „Hilfe! Hilfe“

Hast Du ein bestimmtes Erlebnis in dem Zusammenhang , das dich genervt hat?

>> Mein ganz Leben ist ein solcher Moment: ich war ein burschikoses Mädchen, ich bin aufgewachsen mit dem Satz: „Was willst du denn, Junge?“, und mit Kommentaren und abblocken, wenn ich eine Toilette aufsuche. Ich hatte immer kurze Haare, trug Turnschuhe, Jeans und entzog mich der Norm. Das wurde stets kommentiert. Heute noch fragen mich Kinder oft: „Bist du ein Junge oder ein Mädchen?“ Kurze Haare und mein non-konformes Verhalten stiften da manchmal Verwirrung. Macht nix! Ich war schon als Kind ein Lausbub!

Wo trittst Du auf, wann singst Du den Song?

>> Ich spiele den Song auf allen meinen Konzerten, die ich solo oder mit meiner Kapelle der guten Hoffnung spiele. Aber auch bei Workshops in Schulen oder Fortbildungen für Lehrerinnen und Erzieherinnen. Alle lieben dieses Lied.

 

Auch vor Leuten, die sehr auf Rosa stehen? Oder laden die Dich erst gar nicht ein?

>> Ich hatte noch nie negative Reaktionen auf das Lied. Es gibt auch Mädchen, die komplett rosa tragen und singend und tanzend ausrasten zu dem Song. Einmal standen zwei Freundinnnen vor der Bühne, die waren so 10 Jahre und die eine sagte: „Ich hasse rosa!“, und die andere rief ganz stolz: „Ich nicht!“

Mir geht es darum, den Kindern zu vermitteln, dass alles geht, dass sie sein dürfen, wie sie wollen, dass in dieser Welt „Platz für uns alle“ ist, so wie es mein anderer Song ROSA PARKS BIST DU einfordert. Wenn andere kommen, Fremde, Flüchtlinge, Menschen, die anders sind als wir, dann sollten wir keine Zäune bauen, sondern zusammenrutschen.

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Gab’s eine konkreten Moment, von dem Du erzählen magst?

>> Also ich liebe diesen Moment, wenn der Refrain einsetzt. Die Blicke, die Überraschung ist einfach zum Schreien schön. Manchmal sitzen Jungs im Publikum und ich sage meist vor dem Song: „Neulich hab ich Lilifee getroffen …“ Dann kommt schonmal ein: „Och nee …“ Aber dann gebe ich den Rat, erst abzuwarten bis zum Liedende und dann zu urteilen. Danach ist die Begeisterung immer groß, und auch Jungs singen begeistert mit.

Manchmal klopfen mir junge Mütter auf die Schulter und sagen: „Endlich, danke!!!“ Sie sind oft genervt von der rosa Klamottenfront, die ihnen beim Einkaufen gegenübersteht. Mädchen- und Jungs- Kleidung, ist doch Quatsch eigentlich. Manche Väter kaufen eins der T-Shirts mit dem „Ich hab die Schnauze voll von rosa“-Aufdruck für sich selbst.

Neulich kam ein kleines Mädchen und wollte wissen, ob ich Lilifee wirklich getroffen hätte. „So wirklich, wie es sie gibt!“, habe ich geantwortet, und sie hat wissend gelächelt.

 

Ist ‚Ich hab die Schnauze voll von rosa‘ überhaupt ein Kinderlied?

>> Eine gute Frage. Was ist ein Kinderlied? Was macht ein Lied zum Kinderlied? Ich glaube, dass es Kindern gefällt, dass sie sich damit identifizieren können oder dass es einfach nur witzig ist und zum Mitsingen einlädt. Das schafft meine Lilifee!

 

Vielen Dank an Suli Puschban mit Grüßen aus der Rosa-Hellblau-Falle :)

 

 

2 Gedanken zu „Schnauze voll von Rosa? – Suli Puschban“

    1. Die T-Shirts beziehen sich auf meinen Song ICH SEHE AUS WIE ELVIS, der auf meiner ersten CD zu finden ist.

      Liebste Grüße
      Suli

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