Gibt es Situationen, in denen das Geschlecht keine Rolle spielt?

Bevor du weiterliest, überlege doch bitte kurz, ob Dir eine einfällt…

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Beim Essen vielleicht? Satt müssen wir doch alle werden, Geschlecht egal, oder?

Ein kurzer Schwenk über die Zuordnung von Fleisch und Salat? Holzfällersteak und Salat mit Putenstreifen für die Dame? Strammer Max und Birne Helene? Marzipan, das, weil mit Alkohol versetzt, als „Männersache“ beworben wird, Ladys-Chips, die süßer sind als „Männer-Chips“ mit Chili.

Naja, und Joghurt

Haustiere?

Ok, dann bei Haustieren vielleicht. Alle dürfen alles. Nicht?

Werbespots für Katzenfutter halten dagegen – gibts die auch mit einem Mann? Und viele Menschen machen sich öffentlich Gedanken, ob Hunde nicht eher zu Männern, Katzen dagegen…

Steuern?

Naja, ok, dann sagen wir, wenn’s drum geht, Steuern zu bezahlen. Vor dem Staat sind doch alle gleich … Ehegattensplitting? Ach, und der Ehemann, der sich oben ins Formular eintragen muss, auch wenn er den Namen seiner Frau angenommen hat?

Aber vor dem Gesetz!

Wieviele Richterinnen gibt’s eigentlich und sind Menschen, die Urteile sprechen frei von Klischeedenken?

edit 27.11.17:

Männer können zum Kriegsdienst eingezogen werden (Artikel 12a). Und Frauen? siehe Absatz 4:

Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten achtzehnten bis zum vollendeten fünfundfünfzigsten Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden.

Fernsehen?

Beim Fernsehen, es sich auf dem Sofa gemütlich machen. Ja, oder?

Beim Wahlrecht!

Ja. Endlich! Wir werfen auch nur einen ganz kurzen Blick in die Schweiz von 1977 oder nach Kuweit. Und wenn wir uns das passive Wahlrecht anschauen, die Chancen als Frau in den Bundestag zu kommen, gar Bundespräsidentin zu werden? „Ja, aber wir haben doch Frau Merk… ?“

W20-Frauenkonferenz 2017

Brainstorming

Wir stellen diese Frage manchmal in unseren Workshops: „Welche Situation fällt Ihnen ein, in der Geschlecht keine Rolle spielt?“ Ein Brainstorming in Kleingruppen, alle schreiben auf ein Plakat, alles, was ihnen einfällt. Es wird laut, wenn in einer Inhouse-Fortbildung jemand „im Job“ auf das Plakat schreibt. Relative Einigkeit gibt es dafür bei Gefühlen: Liebe, Ekstase, Flow… spielt hier das Geschlecht eine Rolle?

Oder im Alleinsein?

Ob wir die Antwort „im Tod“ gelten lassen sollen, sind wir uns nie alle einig ;-) Ist der Tod eine Situation?

Im Notfall!

Aber im Notfall! Wenn es um Erste Hilfe geht, da gab es bisher immer den größten Konses: Wenn jemand in Lebensgefahr ist und ich helfen kann, dann mache ich keinen Unterschied, zumindest in der ersten Reaktion rennen wir doch direkt hin, da spielt das Geschlecht wirklich keine Rolle! Und wir waren dankbar, endlich eine einhellige Antwort gefunden zu haben.

Jetzt wurde am vergangenen Wochenende auf dem Kongress der amerikanischen Herzgesellschaft eine Studie vorgestellt, die ergab:

Frauen, die in aller Öffentlichkeit einen Kreislaufstillstand erleiden, wird besonders oft Hilfe verwehrt. Nur 39 Prozent von ihnen bekommen die potenziell lebensrettende Herzdruckmassage…. Dagegen können Männer in der gleichen Situation in 45 Prozent aller Fälle auf die Wiederbelebung hoffen. Sie haben damit eine 23 Prozent höhere Überlebenswahrscheinlichkeit, schätzen US- Ärzte und Gesundheitswissenschaftler, die für ihre Untersuchung mehr als 19 000 Krankendaten ausgewertet haben.“

 

Wir suchen also weiter. Wisst Ihr uns eine Situation?

Viele Grüße aus der Rosa-Hellblau-Falle.

4 Gedanken zu „Gibt es Situationen, in denen das Geschlecht keine Rolle spielt?“

    1. Hallo Rhukii, danke für Deine Nachricht. Es freut und ehrt uns, in Deiner Empfehlungsliste aufzutauchen – vielen Dank dafür!
      Falls dazu auch gehört, dass wir nun unsererseits einen Post mit Nominierungen schreiben und das wie ein Blogstöckchen weiterreichen, müssen wir leider passen. Wir stecken in den Vorbereitungen für die Preisverleihung des Goldenen Zaunpfahls, eine komplette Pro Bono Aktion, die nebenher laufen muss. Deshalb ist unser anderes nebenberufliches Engangement grade etwas ausgebremst ¯\_(ツ)_/¯

  1. Ist schon ein älterer Artikel aber zur Sache mit der Herzdruckmassage möchte ich fragen:
    Gibt es dazu auch Zahlen aus dem Rest der Welt?
    Soll jetzt nicht amerikafeindlich sein, aber in den USA gab es IIRC schon mehrfach Probleme mit Ersthelfern die nach einer Herzdruckmassage oder Mund-zu-Mund-Beatmung an einer Frau verklagt wurden.
    Da könnte schon auch etwas Angst mit im Spiel sein, denn wer will denn derjenige sein, der einer bewusstlosen Frau (Einverständnis damit unmöglich) in der Öffentlichkeit die Kleidung auszieht? Und nein, Herzdruckmassage (oder gar defibrillieren) geht so richtig gut nicht mit Kleidung, das gibt es idR nur in Filmen weil nackte Oberkörper ja obszön sind…. *eyesroll*.

    Ach ja, und danke für das Blog, lese hier gerne mit. Weiter so! :)

    Gruß
    Aginor

    1. Das trägt sicher dazu bei:

      Der „Geschlechterunterschied tritt nicht auf, wenn das Herz in der häuslichen Umgebung aussetzt. Es scheint also die öffentliche Situation zu sein, die Frauen zum Verhängnis wird. „Wiederbelebung heißt, auf die Brust zu drücken“, sagt Studienautorin Audrey Blewer von der University of Pennsylvania in Philadelphia. Sie vermutet, dass manche Menschen unsicher sind, ob sie Frauen in der Öffentlichkeit derart berühren dürfen.“

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