Drei Buchtipps

… aus dem Urlaubsstapel

In den Ferien ( –> rosa-hellblaue Sammlung der letzten Wochen)  habe ich endlich IMG_0406„Bitte freimachen. Eine Anleitung zur Emanzipation“ fertig gelesen, von Katrin Rönicke, das ich gerne weiter empfehlen möchte. Es liefert Informationen und Denkanstöße zu vielen Themenbereichen, mit denen sich Frau* (und Mann*) irgendwann einmal auseinandergesetzt haben sollte. Wäre toll, es würde auch die Zielgruppe erreichen, die von sich sagt: „Ich bin ja kein/e Feminist/in, aber …“. (Das generische Maskulinum empfand ich in einem feministischen Buch allerdings befremdlich.) – Nachtrag, Korrekturbedarf! Zufallsverteilung von weiblicher und männlicher Form! @diekadda klärt: Generisches Randominum :) – ist mir nicht aufgefallen, und so soll’s ja sein.

Pubertät, Körperwahrnehmung und Schönheitsbilder, Aufklärung, Flirten und Sex, Elternsein und rosa-hellblaues Gendermarketing bis hin zu PayGap und HartzIV, Politik, Konflikt- und Kriegsführung … viel zu viel eigentlich für ein einzelnes Buch. Die Stichwörter „Weltgewissen“, „Verantwortungsethik“ werden mich auf jeden Fall weiter beschäftigen, und ich habe viele Empfehlungen zum Weiterlesen mitgenommen.

 

Ein zweites Buch meines Urlaubsstapels:

SeidelCoverDie Frau in mir. Ein Mann wagt ein Experiment“ von Christian Seidel. Seine Beobachtungen als Mann, der als Frau auftritt und damit seine Umgebung herausfordert, ist interessant zu lesen. Sie verdeutlichen, wie viele Bereiche willkürlich nach Geschlecht sortiert sind.

„Während ich […] meinen Weg zur Kasse suchte, geriet noch mehr in mir in Proteststimmung. Mir fiel auf, wie vieles als weiblich und damit als unberührbar galt. Röcke, Kosmetik, fantasievolle Kleidung. Auch bestimmte Gerüche […] Vorsicht, weiblich!“

Insgesamt sind mir ein paar Klischees zu viel versammelt, Vorstellungen vom Mann an sich, und wie Frauen im Allgemeinen so seien. „Ich kannte dieses Smartphone-Getue nur zu gut. Männer müssen sofort alles überprüfen, einordnen, interpretieren. Seit es diese Tools gab, hatten sie den passenden Spielknochen dafür“. Hier hätte ich mir differenziertere Formulierungen gewünscht, weniger Alle-über-einen-Kamm, denn dadurch werden genau die Stereotype reproduziert, gegen die sich der Autor ja wendet. Die spannendsten Stellen waren für mich die, in denen nochmal deutlich wird, dass die Biologie uns zwar Vorgaben macht, dass unser Verhalten diese aber beeinflusst: Hormone Männer und Verhaltensweisen, die Seidel als allgemein männlich definiert, kommen eher schlecht weg im Buch, Frauen dagegen sind überwiegend feinfühlige, zarte, elegante, emotionale Wesen. Dass es viele unter ihnen gibt, die High Heels und Feinstrümpfe unpraktisch und ungemütlich finden, die nicht jede Menge Zeit und Aufmerksamkeit für ihr Äußeres aufbringen wollen – keine Zeile über sie. Die Welt des Autors ist zweigeschlechtlich, doch seine Erfahrung zeigt ihm und Leser*innen: da ist offenbar mehr. Um als weiblich wahrgenommen zu werden, verwandelt sich Christian Seidel in eine langhaarige Blondine im engen Minikleid, die es genießt, von Männern begehrt zu werden. Dass auch Frauen schwitzen, stoppelhaarig und piefig sind, linkisch und schlecht gelaunt auftreten, ist deshalb nicht Thema des Buches. Aber auf Dauer hat mich das ständige Feinstrumpf-Geraschel und das süße Parfüm zwischen den Zeilen etwas genervt.

 

Zuletzt und eigentlich ganz vornedran das Buch „Die Kindheit ist unantastbar. Warum Eltern ihr Recht auf IMG_0382Erziehung zurückfordern müssen“ von Herbert Renz-Polster. Ich habe erst das erste Drittel gelesen, aber schon diese Seiten sind voller Eselsohren und Zettelchen zur Kennzeichnung für mich relevanter Stellen. Das Buch zeigt, wie sehr die Ziele von Eltern, ihre Entscheidungen, von denen sie meinen, sie seien individuell und aufs eigene Kind bezogen, wie Erziehung, wie (Früh-)Pädagogik insgesamt beeinflusst wird von wirtschaftlichen Interessen. Wieviel Übereinstimmung besteht in dem, was wir für unsere Kinder wünschen und dem, wie sich Politik und Wirtschaftswelt den Nachwuchs für Morgen vorstellen.

„Wie durch Zauberhand scheint sich der Bedarf der Wirtschaft in die Köpfe der Eltern gemogelt zu haben.“

Das ist unheimlich und alarmierend. Und an vielen Stellen wurde mir bewusst, wieviele Eigenschaften und Verhaltensweisen ich positiv werte, die in der Vergangenheit ganz anders wahrgenommen wurden. Die Beispiele von Herbert Renz-Polster machen es möglich, einen Schritt zurückzutreten und mit zusätzlichen Informationen nochmal neu zu überdenken, wie man selbst zu „Durchsetzungskraft“, „Wettbewerbsfähigkeit“, „Bildung“ etc. steht. Und wieso zum Beispiel arbeiten derart viele Kindergärten mit dem Material des „Haus der kleinen Forscher“? Wer steckt hinter dieser aus Steuergeldern finanzierten Initative (ohne nennenswerten öffentlichen oder bürgerschaftlichen Einfluss), welche Ziele verfolgt sie, wie kam es zu dieser großen Akzeptanz? Was passiert da im Alltag unserer Kinder, was sich für Eltern als Plus im Kita-Alltag vermittelt, denn wer hat schon etwas gegen Projekte, die Kindern Spaß machen und ihnen naturwissenschaftliches Wissen vermitteln. Die Antworten sind nicht lustig.

 

Nach dieser ernsthaften Lektüre freue ich mich jetzt auf eine Arschbombe und hoffe, dass das Buch von Patricia Cammarata, unter Blogger*innen als „das nuf“ bekannt, morgen mit in der Post liegt.

:-)