Mental Load und Equal Care


Wer kocht, wäscht und räumt auf? Wer weiß Bescheid um Geburtstage, Kleidergrößen und die Medizin der Schwiegermutter?

Mit der Debatte um die Vereinbarkeit von HomeOffice und HomeSchooling während der Pandemie und der Frage, ob es eine ‚Retraditionalisierung‘ der Rollenverteilung im Privaten gibt, ist auch die unfaire Verteilung von Care-Arbeit und Mental Load in den Fokus gerückt. Denn wer sich bisher um Hausaufgaben, Einkaufslisten und Geschenke gekümmert hat, ist auch jetzt in der Krise verantwortlich.

Als wir 2016 den ‚Equal Care Day‘ initiiert haben, waren Equal Care und Mental Load schon kein neues Problem, aber es hat wohl eine Pandemie gebraucht, damit der Gender Care Gap auch da diskutiert wird, wo Menschen Care-Arbeit gar nicht sehen, obwohl sie von ihr profitieren. Leider hängen wir noch am Diskutieren fest und sind von einer fairen Verteiltung an vielen Stellen weit entfernt. Deshalb hier zwei Vorschläge, um ins Handeln zu kommen:

Care @home

Zum einen der Mental Load-Test @home, den Jo Lücke, Mitglied unserer Initiative Equal Care Day, konzipiert hat. Hier geht es um die Aufteilung privater Care-Arbeit. Der Test kostet nichts und richtet sich an Familien, die den Test als Gesprächseinstieg nutzen wollen, um sich über eine fairere Verteilung im alltäglichen Miteinander auszutauschen.


Care @work

Zum anderen ein Veranstaltungsangebot: ein Vortrag oder Workshop von Sascha Verlan & Almut Schnerring. Wir richten uns an Menschen in Unternehmen, die Interesse haben an einem innerbetrieblichen Kulturwandel und Umdenken, auf dass Care-Arbeit die Wertschätzung erfährt, die ihr zusteht, die private wie auch die Kümmerarbeit am Arbeitsplatz:

Weil sie unsichtbar, d.h. wenig anerkannt ist, weil die Zeit und Kraft, die sie kostet, gar nicht in Verhandlungen mit einfließt, deshalb werden auch die Auswirkungen die der Gender Care Gap hat, auf Berufwahl, Karrieremöglichkeiten, Einkommen und gesellschaftliche Teilhabe… in der Regel unterschätzt. Zu oft verhindern Einwände rund um “selbst gewählt”, “Privatsache”, “liegt in ihrer Natur” die sachliche Diskussion. Aber wer auf dem Heimweg noch für die pflegebedürftigen Eltern einkaufen muss, und wegen eines spontanen Meetings schon ahnt, dass vor Kita-Schluss wieder alles zu knapp werden wird, braucht eine*n Arbeitgeber*in, die*der sich mit dem Thema befasst hat. „Fürsorgliche Unternehmen“, das heißt, Firmen, die die private Care-Arbeit ihrer Mitarbeitenden mit im Blick haben, sind die attraktiveren Arbeitgeber*innen.


Blümchen gießen, Dankeskarten schreiben, Flipchart-Papier wechseln

Dazu kommt das fehlende Bewusstsein, dass es auch am Arbeitsplatz Personen gibt, die Verantwortung übernehmen für all die unsichtbaren oder wenig wertgeschätzten Arbeiten, die gern von den immer selben Personen übernommen werden, obwohl sie auch in deren Arbeitplatzbeschreibung nicht auftauchen. Kaffee Kochen, Hinterherwischen und Geschenk für die Gemahlin besorgen kam früher quasi mit der Jobbeschreibung der Sekretärin. Die wurde abgelöst durch die „Assistenz“ – eine Aufwertung der Stelle, auch für Männer ehrenhaft genug und deshalb besser bezahlt, aber mit einem Haken: Sie hinterlässt eine Leerstelle. Vielen ist gar nicht bewusst, was alles in ihrem Rücken wie von Zauberhand erledigt wird – was sehr praktisch ist, denn wer die ToDos nicht sieht, hat dafür mehr Zeit, sich um den eigenen Aufgabenbereich und die Karriere zu kümmern. Auch dieses Thema gehört regelmäßig auf den Tisch in Team-Meetings.



Almut Schnerring und Sascha Verlan sind Autorinnen von ‘Equal Care. Über Fürsorge und Gesellschaft’, Berlin 2020, und Initiatorinnen des Aktionstags ‘Equal Care Day’.

kontakt@wu2k.de

Zitat auf Omas Teller
„Care-Arbeit ist nicht das Sahnehäubchen auf dem Wirtschaftskuchen, das wir uns erst leisten können, wenn Flughäfen und Fabrikhallen Marmorböden haben, sondern Care ist das Fundament; Care ist die Basis, auf der Firmen ihre Gewinne aufbauen.“ Almut Schnerring